Mit Lala Hey in der Bürostadt Niederrad
Die Angaben im Thing Kalender waren spärlich. "once upon a time in bürostadt niederrad ... walk + party" und "S-Bahn Niederrad konkreteres vor Ort". Nicht unbedingt einladend.
Zum Glück hatte ich schon von Lala Hey gehört und meine Erwartung daher auf einen mitreißenden Stadtrundgang fokusiert. Ich sollte nicht enttäuscht werden.
Am S-Bahn Bahnhof Niederrad stieß ich auf etwa 30-40 wartende Personen. Die Veranstalter gaben sich nicht explizit zu erkennen.
Schließlich fuhr ein Pick-Up vor, der 10 Menschen aufsitzen hieß. Ohne weitere Zielangabe gings dann in die Bürostadt Niederrad, deren Büroriegel um uns herum in der Abendsonne glänzten. Das war schon recht amüsant. Ein Ghettoblaster gab klappernde Geräusche von sich. Sollte das Musik sein?
Nach kurzer Fahrt wurden wir abgeladen, der Fahrer gab nur eine knappe Instruktion, dann hieß es eine Parkgarage aufzusuchen. Dort fanden wir eine Videoprojektion, die einen Westernfilm mir unbekannter Provinienz abspielte. Die erste Station und die Einleitung in die thematische Klammer, Cowboy und Western.
Was folgte war eine Art Schnitzeljagd nach den weiteren Stationen, quer und zwischen den Hochhäusern der Bürostadt, die an diesem Samstagabend menschenleer war. Wie eine Geisterstadt. Ja, das Stichwort, Ghosttown! Das war einleuchtend.
In der Tat, die Umgebung hätte nicht bedrückender sein können. Meine Assoziationen waren vorwiegend negativ. Wenn etwas die Bezeichnung Unort verdiente, dann dieses Ensemble aus einer anonymen makellosen Architektur, die ihre Zweckhaftigkeit dürftig verschleierte und einer zwischen ihr ausgebreiteten Parklandschaft der jeder Beiklang von Erholung nur zum Hohn gereichte. Die in der Dämmerung aufleuchtende Logos der Firmenkomplexe kamen Drohungen gleich. Dystopie.
Die Stationen auf unsere Wegstrecke waren schnell erklärt. Ein Pferd und eine Kutsche auf einem Brachland. Ein schlaffer Cowboy, der uns in einer Parkbucht zum Duell forderte. Ein Fototermin mit Wolf und Coyote. Ein sprichwörtlich zu beschreitender Text, den wir gehend zu dechiffrieren suchten.
"Am Ende bleiben die Fragen unbeantwortet, wir hinterlassen nichts als eine Inflation der Assoziationen."
Mit eben diesen Gedankenfolgen fand wir uns dann am "Ziel" ein, einem trostlosen Firmenparkplatz am Rande einer Grünfläche. Dort erwartete uns ein Mädchen mit Gitarre, das uns Westernlieder sang, während wir gegen die abendliche Kälte einen Wodka tranken.
Country & Western auf dem Parkplatz
Zusammengefasst möchte ich feststellen, daß es sich um eine gelungen Aktion handelte, die beispielhaft demonstrierte, was heute Kunst im öffentlichen Raum bedeuten könnte. Als eine temporäre Wiederaneigung entfremdeter Gebiete in unseren Städten, die sich in ihrer Partikularität einer Annahme durch die Allgemeinheit entziehen und daher mit nichts anderem als Leerstand zu bezeichnen sind. Dies am Beispiel der Bürostadt Niederrad, die mir bislang nicht bekannt war, ausgelegt und eben beschritten zu haben, war eine Leistung.
Maximale Punktzahl für Lala Hey. Künstlerisch und pädagogisch wertvoll.
Lala Hey Bürostadt Niederrad auf einer größeren Karte anzeigen
http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrostadt_Niederrad
Mehr Bilder auf flickr unter http://www.flickr.com/photos/scratchbeck/tags/lalahey4/
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am 21. Jun. 2010, 17:30- Schreib einen Kommentar
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